Nr 08/2003

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Bilanzierung und Bewertung von „Spielervermögen“ im professionellen Teamsport

Dr. Vera-Carina Elter

 

Die Bewertung einer Spielerlaubnis bzw. Transferentschädigungszahlung („Spielervermögen“) spielt bei Rechnungslegungs- sowie Finanzierungsfragen für Vereine und Verbände im professionellen Teamsport eine wesentliche Rolle, da hieraus ein erheblicher Einfluss auf das Bilanzbild und somit auf die Vermögenssituation resultiert.

Durch sinkende Fernseheinnahmen bei oftmals unverändert hohen Personalkosten haben Profivereine erhebliche finanzielle Probleme, die sie oftmals an den Rand einer bilanziellen Überschuldung führen. Da die Vereine häufig ein geringes, teilweise sogar ein negatives buchmäßiges Eigenkapital besitzen, erhält das „Spielervermögen“ zur Aufdeckung von stillen Reserven bzw. Lasten eine hohe Bedeutung.

Derzeit wird nur das erworbene „Spielervermögen“ nach den Vorschriften des HGB mit den gezahlten Anschaffungskosten in der Bilanz als immaterieller Vermögensgegenstand im Sinne eines konzessionsähnlichen Rechtes aktiviert und planmäßig über die Laufzeit des Vertrages abgeschrieben. Der bilanzierte Wert entspricht somit in der Regel (Ausnahme aktueller Zugang) nicht dem Marktwert des Spielervermögens sondern den fortgeführten Anschaffungskosten (Anschaffungskosten abzüglich planmäßiger und außerplanmäßiger Abschreibungen) der von anderen Vereinen erworbenen Lizenzspielern. Der Marktwert des Spielervermögens wird jedoch allein von der erbrachten Leistung und den spezifischen Merkmalen eines Spielers, dessen Vertragslaufzeit sowie dem Marktumfeld und damit von der wirtschaftlichen Situation der Nachfrager beeinflusst. Zur Ermittlung von Marktpreisen und aus Gründen der Transparenz über die aktuelle Vermögenssituation, müssen die stillen Reserven und Lasten, die im Wesentlichen in den Buchwerten des bilanzierten und nicht bilanzierten Spielervermögens enthalten sind, durch objektivierbare Bewertungsmethoden überprüft werden. Objektivierbare und einheitlich angewendete Verfahren zur Ermittlung des Marktwertes von Spielervermögen existieren in Deutschland jedoch bisher nicht.

Die aktuell im Internet vorhandenen Datenbanken (zum Beispiel www.transfermarkt.de und www.transferspion.de), die sich mit dem Thema „Marktwert des Spielervermögens im Fußball“ beschäftigen, basieren auf einer rein sportlichen Sichtweise, da sie den Spieler und den Verein als Einheit betrachten und somit den Wert des Spielers ausschließlich in diesem Kontext ermitteln.

 

Der Wert des „Spielervermögens“ als zentraler Vermögensgegenstand kann bisweilen 50% der Bilanzsumme der Profivereine übersteigen. Daher dient das „Spielervermögen“ häufig als Sicherheit zur Unterlegung von Kreditengagements, da den Vereinen - von Ausnahmefällen abgesehen - alternativ nur wenige Sicherheiten mit hoher Bonität (Sach- oder Finanzanlagen) zur Verfügung stehen.

Sicherheiten in Form von „Spielervermögen“ werden allerdings von Kreditinstituten auf Grund der hohen Abhängigkeit vom sportlichen Erfolg und vom Gesundheitszustand der Akteure lediglich als „second best Lösung“ angesehen. Darüber hinaus verbinden Kreditinstitute mit „Spielervermögen“ in der Regel einen unter Risikogesichtspunkten intransparenten und eher nur subjektiv bewertbaren Vermögensgegenstand, dessen Marktwertermittlung sich schwierig gestaltet.

Durch die im Oktober 1998 geschaffenen Rahmenbedingungen der Teilnahme von Kapitalgesellschaften am Spielbetrieb wurden für die Vereine die Möglichkeiten der Kapitalbeschaffung verbessert. Hierdurch wurde jedoch auch der Kreis der typischen Bilanzadressaten (DFL, Fiskus, Kreditinstitute) um Aktionäre und potenzielle Investoren vergrößert. Somit erfordert auch die Aufnahme von Eigen- und / oder Fremdkapitalgebern eine größere Transparenz der Vermögenssituation im externen Rechnungswesen sowie eine stärkere Kapitalmarktkommunikation.

Durch ein objektiviertes Bewertungsverfahren für erworbenes und insbesondere für „selbsterstelltes“ Spielervermögen würden Kreditinstitute und andere Stakeholder mehr Transparenz erhalten und die Unternehmen ihre Glaubwürdigkeit verbessern. Dies ist insbesondere vor dem Hintergrund der neuen Baseler Eigenkapital-Vereinbarung (Basel II) wesentlich, nach dessen Einführung die Kreditvergabe zukünftig von der individuellen Risikoeinstufung des Kreditnehmers mittels Rating vorzunehmen ist.

Außerdem gewinnen Methoden zur Bewertung von „Spielervermögen“ ab 2004/05 durch die Einführung des europäischen Lizenzierungsverfahrens an Bedeutung, da in diesem europaweit ein sog. Impairment of Assets vorgeschrieben ist. Hierbei wird das „Spielervermögen“ jährlich auf eine mögliche Wertbeeinträchtigung überprüft. Liegt der aktuell ermittelte Marktwert eines Spielers unter dem bilanzierten Buchwert, ist eine Abschreibung vorzunehmen. Die Werthaltigkeit des Buchwertes ist jährlich für jeden einzelnen bilanzierten Akteur nachzuweisen und vom Wirtschaftsprüfer im Rahmen der Jahresabschlussprüfung zu testieren. Entsprechend vorgegangen wird im Rahmen einer bilanziellen Überschuldung, da der Bilanzposten „Spielervermögen“ für die Vereine oftmals die einzige Möglichkeit darstellt, stille Reserven zur Vermeidung eines Insolvenztatbestandes aufzudecken.

Darüber hinaus müssen europaweit ab dem 1. Januar 2005 alle börsennotierten Unternehmen und damit auch die börsennotierten Kapitalgesellschaften des professionellen Teamsports (Borussia Dortmund) ihre Rechnungslegung für den Konzernabschluss auf die International Financial Reporting Standards (IFRS) umstellen. Möglicherweise wird das Bundesministerium der Justiz in ihrem für diesen Herbst angekündigten Referentenentwurf auch für nicht börsennotierte Unternehmen in Deutschland ein Wahlrecht implementieren. Durch die einheitliche Einführung von international anerkannten Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften und die damit angestrebte Vergleichbarkeit der Bilanzen soll die Effizienz der Kapitalmärkte gestärkt werden, denn im Wettbewerb um Kapital sind Transparenz und Glaubwürdigkeit der Unternehmensdaten zum zentralen Thema geworden. Die Globalisierung und die damit verbundene Transparenzerfordernisse machen auch vor dem professionellen Teamsport nicht halt. Denn für die „neuen“ Finanzierungsinstrumente im Sport (zum Beispiel Börsengang, Asset Backed Securities) sind die internationalen Kapitalmärkte und somit auch die damit verbundenen Rechnungslegungsvorschriften von großer Bedeutung. In diesem Zusammenhang verändern sich daher auch die Vorschriften für die Bilanzierung der immateriellen Vermögensgegenstände für Profivereine.

Zusammenfassend lassen sich folgende ausgewählte Bewertungsanlässe von „Spielervermögen“ darstellen:

 

  •  Impairment Test nach US-GAAP und IFRS bzw. Niederstwerttest nach HGB (im Rahmen der Jahresabschlussprüfung)
  • Prüfung des Überschuldungsstatus zur Aufdeckung der stillen Reserven und Lasten (zum Beispiel im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens)
  • Werthaltigkeit im Rahmen der Erbringung einer Sacheinlage (zum Beispiel bei Ausgliederung in eine Kapitalgesellschaft)
  • Kapitalmarktkommunikation, um zunehmenden Informationserwartungen der Kapitalmärkte Rechnung zu tragen (zum Beispiel bei Börsennotierung)
  • Aufnahme von Fremd- (Beleihungszwecke) und Eigenkapital
  • Interne Wertprüfung möglicherweise für Steuerungszwecke (vor Auslaufen eines Vertrages)
  • Einstufung von Ratingagenturen (zum Beispiel bei Aufnahme von Fremdkapital bei Kreditinstituten)
  • Betriebswirtschaftliche Beratung bei Abschluss oder Verlängerung von Lizenzverträgen (Bestimmung des Kauf- oder Verkaufspreises im Rahmen von Spielertransaktionen)
  • Leihe und Leasing von Lizenzspielern

 

Insgesamt werden zukünftig einheitliche objektivierbare Bewertungen von Lizenzspielern an Bedeutung gewinnen. Ansatzpunkte hierfür können dabei die gängigen Methoden der Unternehmensbewertung für Sportrechte und -unternehmen sein (vgl. Abbildung), die branchenspezifisch anzupassen sind. Die Wahl der Bewertungsmethode ist wesentlich von dem Bewertungszweck abhängig, denn je nach Anlass ist eine Einzelbewertung oder auch eine Bewertung des gesamten Spielerkaders notwendig. Eine allgemein gültige und anwendbare Bewertungsmethode zur Ermittlung der Marktwerte von Spielervermögen existiert daher nicht.

Von den in der Abbildung dargestellten Bewertungsmethoden soll nachfolgend - unabhängig von möglichen Bewertungsanlässen - der Market Approach Ansatz zur Bewertung eines Lizenzspielers kurz erläutert werden. Der Market Approach Ansatz basiert auf der Grundidee, dass sich der Wert eines Spielers auf Basis von Marktbewertungen vergleichbarer Spieler ermitteln lässt. Die Marktdaten können entweder auf getätigten Transaktionen oder Börsenbewertungen basieren. Während Börsenbewertungen nicht für Spieler, sondern nur für einige Vereine vorliegen, sind die getätigten Transaktionen auf dem Transfermarkt verfügbar und zum Teil öffentlich. Problem bei der Anwendung dieser Methode ist die oftmals mangelnde Vergleichbarkeit und eine gewisse Subjektivität bei der Auswahl vergleichbarer Transaktionen. Voraussetzung für eine Objektivierung im Rahmen der Ermittlung von vergleichbaren Transaktionspreisen ist die Erstellung und kontinuierliche Pflege einer einheitlichen Datenbank auf Ebene der ausrichtenden Ligaorganisation (für die Fußball-Bundesliga, die DFL oder der Ligaverband). In dieser Datenbank müssten neben allen spielertypischen Kriterien (zum Beispiel Alter, Spielposition, Herkunft, erzielte Tore, Gesundheitszustand, Vertragsstadium, Vermarktungspotenzial) auch alle monetären Bestandteile (zum Beispiel bisherige Ablösesummen, Fixgehalt, Tantieme) enthalten sein. Durch Clusterung (Bildung homogener Teilmengen) der Spieler wäre eine Bandbreite an Transaktionspreisen für Spieler von annähernd „gleicher Qualität“ möglich. Zur Ermittlung der konkreten Werte können Hilfsgrößen wie Median- oder Durchschnittswerte verwendet werden. Diese Werte können entsprechend einer Multiplikator Methode näherungsweise und überschlägig für bestimmte Bewertungszwecke als Marktpreis angesetzt werden.

Auf Grund des oftmals einzigartigen Charakters eines Spielers stellt die Identifikation „echter vergleichbarer“ Transaktionen das Kernproblem des Ansatzes dar. Die Ermittlung eines vergleichbaren Multiplikators ist damit die zentrale Fragestellung. Die Qualität ist abhängig von der Anzahl der Markttransaktionen und den verfügbaren Daten. Um eine sinnvolle Grundgesamtheit zu erhalten, ist daher eine Einführung zumindest auf europäischer Ebene notwendig. Diese Vorgehensweise entspricht der von einigen Branchenvertretern angedachten einheitlichen Bewertung aller Lizenzspieler, die sich tendenziell an der „Schwacke-Liste“ für Automobile orientiert. Anders als dort wird es aber bei Spielern Wertverläufe geben, die über eine längere Zeit ansteigend sind.